Reisebericht Piatra Neamț und Umgebung, 24.5. - 1.6.2023 mit Kastrationsaktion

von Ingrid Weidig

Dienstag, 23. Mai 2023

Dieses Mal lande ich in der wunderschönen Stadt Iași, im äußersten Nordosten Rumäniens in der rumänischen Region Moldau.  Am Flughafen warten auffällig viele Reisebusse nach Chișinău, der Hauptstadt der eigenständigen Republik Moldova, in die viele meiner Mitreisenden einsteigen. Von hier ist es nicht mehr weit bis zu dieser EU-Aussengrenze. Auch die Ukraine ist sehr nah. Doch von alldem was sich jenseits der EU- Aussengrenzen abspielt, bemerke ich hier nichts. Scheinbar geht alles seinen normalen Gang. 
Hier treffe ich auch Mirela, bei der ich die nächsten Tage in dem kleinen Bergdorf Stejaru in der Gemeinde Pângărați, westlich von Piatra Neamț wohnen werde.

Themen dieses Reiseberichts:
1. Einsichten in den Alltag einer rumänischen Tierschützerin,
2. Kastrationsaktion in der Karpaten-Gemeinde Pângărați,
3. Besuche im Adapostul de Câini, dem öffentlichen „Tierheim“ mit regelmäßigen Tötungsaktionen der Stadt Piatra Neamț 
4. Besuche bei rumänischen Pflegestellen, die wir unterstützen.

Mittwoch, 24.Mai

Gleich morgens um 9.00 startet die Kastrationsaktion im Gemeinderaum von Pângărați mit dem Tierarzt Darius Terhes aus Brasov. Er hat dort eine Tierarzt-Praxis, die ein Kollege in seiner Abwesenheit führt, denn Darius hat eine wichtige Mission: nur das ständige Kastrieren von Hunden und Katzen mit oder ohne Besitzer kann das Leid der Straßentiere langfristig beenden. Zusammen mit seinem Assistenten kastriert er im Akkord!
Er arbeitet sehr routiniert, trotz der oft ungünstigen räumlichen Begebenheiten. 

Es war ein sehr erfolgreicher Tag!
41 Hunde, überwiegend Weibchen und 5 Katzen wurden heute für immer unfruchtbar gemacht!
Für morgen ist nochmal die gleiche Anzahl geplant! Darius und sein Kollege machen einen wirklich guten Job. Das Team ist perfekt aufeinander eingespielt und arbeitet sehr effektiv. Nur so können sie diese große Zahl an Kastrationen pro Tag schaffen. 1 Kastra kostet 30 €

Im Grunde ist das die einzige Lösung, langfristig dort das Elend der Tiere zu beenden. Wir planen sogar eine weitere Aktion in einigen Monaten, denn dann sind die Frühlingswelpen alt genug. Nur regelmäßige Aktionen sind nachhaltig, nur so kann man die Zahl der immer wieder nachwachsenden Hunde und Katzen allmählich unter Kontrolle bekommen.

Während das Team operiert und die Tierbesitzer geduldig draussen auf der Wiese warten, bis ihre Hunde an der Reihe sind, sind Mirela und ich im Dorf unterwegs, holen Hunde von den Leuten ab, die sie nicht selber bringen können oder wollen, und schauen nach den Straßenhunden, die Mirela betreut und regelmäßig füttert.
Kastration von Hundemischlingen ist gesetzliche vorgeschrieben! Doch was nützt ein Gesetz, dessen Ausführung niemand überwacht!
Es ist ein zähes Ringen der Tierschützer gegen die Gleichgültigkeit so vieler Tierbesitzer. Der Hund ist eine bellende Alarmanlage, mehr nicht.

Wir holen sogar die Hunde bei den Höfen ab, damit sie kastriert werden und müssen immer wieder regelrecht darum betteln, die Tiere mitnehmen zu dürfen, doch oftmals ohne Erfolg.  „Warum kastrieren? lass der Natur ihren Lauf, die Welpen bringe ich nach der Geburt um“. Es folgen Schilderungen, wie das am einfachsten geht …
So viele Hündinnen leben an kurzen Ketten, bewachen das Grundstück ihrer Besitzer.  Dort werden sie von irgendwelchen Rüden gedeckt, werden trächtig und werfen ihre Jungen. Alles an der kurzen Kette!
Mit etwas Glück haben sie eine Hütte gegen die Witterung und bekommen regelmäßig Futter.

Umso schöner ist es zu sehen, dass zu unserer Kastrationsaktion auch viele freundliche Menschen mit gut gepflegten Hunden kommen. Es findet ganz allmählich ein Umdenken statt, und wenn Mirela erzählt, wie es vor 10 Jahren hier war, ja, dann kann man durchaus Erfolge sehen und daran glauben, das Richtige zu tun. Uneinsichtige wird es immer und überall geben. Leider.

Nachmittags kommen 4 Hunde vorbei spaziert, die bei dem nahen Wasserkraftwerk frei leben. Sie schauen mal, was auf dem Dorfplatz los ist. Wir haben sie im vergangenen Jahr kastriert. Es geht ihnen gut.

Als wir eine kastrierte Hündin zu ihren Besitzern zurückbringen, entdecken wir auf dem Hof, auf dem mindestens drei kleine Hündinnen leben – alle einzeln angekettet – drei Welpen in einem völlig verdeckten Hühnerstall. Es waren ursprünglich neun, sechs sind schon gestorben, erzählt uns der Besitzer. Kein Wunder, in dem Dreck tummeln sich Krankheitserreger ohne Ende. Selbst die Hühner haben ein besseres Leben, sie dürfen frei herumlaufen.

Das zarteste und schon kranke Tierchen haben wir gleich mitgenommen. Das kleine Hundemädchen hat Fieber und mag nicht fressen. Aber sie ist relativ munter. Sie wird erstmal bei Mirela im Badezimmer, separiert von den anderen Hunden, gehalten. Der Verdacht liegt nahe: Parvovirose. Das Todesurteil für ca. 80% aller Welpen dort. 

Später lerne ich auch die anderen Pflegehunde von Mirela kennen, die bei ihr Unterschlupf gefunden haben: 
Hazelnut und ihre 4 Geschwister Hermione, Heidi, Hermann und Hammond. Gemeinsam mit 5 Geschwistern (eins ist vermittelt) wurde Hazelnut als kleines mutterloses Hundebaby gefunden. Die Kleinen konnten direkt auf das Gelände der Tierschützerin ziehen und sind dort aufgewachsen. Sie mussten nicht ins Tierheim. Die Junghunde sind insgesamt eher unsicher, doch sie mögen Menschen sehr, haben aber noch nichts von der Welt kennengelernt. Sie lebten bislang in ihrer eigenen geschützten Welt. Das soll sich jetzt bald ändern. 

Donnerstag, 25. Mai 2023

Als wir morgens am Gemeindehaus ankommen, staunen wir: der Platz ist voller Autos und Menschen mit ihren Hunden. Was gestern eher zögernd begann, startet heute richtig durch! Heute ist ein Feiertag, und der wird genutzt, den Hund kastrieren zu lassen. Das ist doch mal eine vernünftige Freizeitbeschäftigung!
Darius ist begeistert. Bis zum Nachmittag wird nonstop kastriert!
An zwei Tagen wurden 86 – sechsundachtzig – Hunde und 11 Katzen operiert, sie können nun endlich ein ruhiges Leben führen und müssen keinen Nachwuchs mehr produzieren.

Nachdem wir noch einige Hunde von Bauernhöfen abgeholt haben, fahre ich zum ersten Mal in diesem Jahr ins Adapostul de Câini, dem öffentlichen „Tierheim“ der Stadt Piatra Neamț. Dort werden gegen (reichliche Bezahlung) auch Hunde der umliegenden Gemeinden aufgenommen. Zuständig ist bezeichnender Weise die Städtische Müllentsorgung „Salubritas“. Sie leitet das Tierheim, macht Verträge mit den Gemeinden und regelmäßig schwärmen die Hundefänger aus, um frei laufende Hunde einzusammeln. Manchmal landen so auch Hunde, die einen Besitzer haben, im Hundeauffanglager.
Für die Hunde ist das Einfangen mit langen Stangen, an denen sich vorne Schlingen befinden, schon eine traumatische Erfahrung, dann kommen sie in das „Hunde-Irrenhaus“ und ihre Ankunft wird mit vielhundertfachem wütenden Gebell begleitet. 
Sie werden katalogisiert, fotografiert und auf der Facebookseite des „Tierheims“ veröffentlicht. Sieben Tage haben die eventuellen Besitzer der eingefangenen Hunde die Möglichkeit, ihre Tiere zurückzuholen. Weitere sieben Tage stehen sie öffentlich zur Adoption und danach auf den Euthanasie-Listen. … Egal, ob sie jung oder alt sind, ob sie freundlich oder scheu sind.

Schon manch ein menschenfreundlicher Hund ist seinem Killer in die Arme gesprungen, weil er sich so gefreut hat, dass sich endlich jemand um ihn kümmert.

Hier treffe ich Sonja von dem deutschen Verein Spitz & Pawtners und Lilly von der französischen Association Mukitza. Lilly ist schon seit fast drei Wochen jeden Tag hier, hat vielen Hunden Namen gegeben, weiss über jeden Hund, wie er sich verhält und ist erfolgreich damit beschäftigt, in Frankreich Pflegestellen, Gnadenhofplätze oder Familien für einzelne Hunde zu finden. Auch Sonja hat schon Hunde ausgesucht, die sie über ihren Verein reservieren will, ebenso wie wir, die wir schon einige Hunde vorab reserviert hatten. Nun habe ich die Möglichkeit, mir „unsere“ Hunde näher anzuschauen. (schon mal vorab: Am Ende werden wir noch viel mehr Hunde „reservieren“, für die es noch keine Lösung gibt, bevor sie getötet werden).

Sobald wir als Verein einen Hund bei Salubritas reservieren, ist es halbwegs sicher, dass er nicht getötet wird. Die Stadt zahlt die Kastration und die Tollwutimpfung, ebenso den Transponder. Auf unsere Kosten müssen wir dafür sorgen, dass der Hund weitere Impfungen, Entwurmungen erhält, und dass Tests auf sog. „Mittelmeerkrankheiten“ durchgeführt werden. Der Infektionsdruck ist hier in der Region Moldau, wo die Sommer sehr heiss und die hygienischen Verhältnisse nicht wirklich gut sind, sehr hoch und es kommen auch Krankheiten vor. Von Zecken übetragene Vektorkrankheiten wie Babesiose oder Borelliose sind leider häufig, Leishmaniose, übertragen durch Sandmücken, kommt im Gebirge bisher nicht vor. Erkrankte Hunde müssen behandelt werden, bevor sie ins Ausland vermittelt werden können. Dazu benötigen wir zuverlässige private Pflegestellen oder Tierpensionen in Rumänien. Das kann mitunter langwierig und kostspielig werden.

Besuch in einem privat geführten Shelter, eine Stunde von Piatra Neamt entfernt.

Das Scooby-Shelter, geleitet von der Caroline Stien (aus Norwegen) in Zusammenarbeit mit der NGO RockyRoadRescue (aus Großbritannien) ist erst kürzlich eingerichtet worden, um beispielsweise Hunde aus Piatra Neamt vor der Euthanasie zu retten und dort unterzubringen, bis sie nach Westeuropa ausreisen dürfen, um z.B. in Deutschland oder England  eine Zuhause zu finden. 
Es liegt weit ausserhalb einer Ortschaft. Ein ehemaliger Hof mit Schafställen / Rinderställen wird derzeit umgebaut. In den Ställen entstehen Hundezwinger, die Aussenanlage soll zu Freilaufbereichen umgestaltet werden. Die Anlage hat durchaus Potenzial, doch momentan empfinde ich es in den Ställen als sehr laut, heiß, feucht und stickig. Der Geruch der ehemaligen Bewohner dieser Anlage liegt noch beissend in der Luft. Einige Hunde sind schon in den Zwingern untergebracht. Es ist alles noch sehr provisorisch, begeistern kann mich das nicht. Ein Anfang ist gemacht, doch nun wirkt es, als sei das Geld ausgegangen, um weiterzumachen. 

Einziger Vorteil diese Tierheims: hier hängt nicht das Damoklesschwert der Euthanasie über den Hunden. Der Pfleger ist freundlich, ruhig und die Hunde mögen ihn. Noch haben wir keine Hunde dort. Sonja s Verein hat bisher 2 Hunde dort untergebracht, sie geht mit ihnen testweise ein wenig auf dem Gelände spazieren.
Ein Fazit kann ich nicht abgeben, es muss sich noch entwickeln …
Aber ist nicht fast alles besser, als das Städtische Hundeauffanglager?
Wo Beissereien, Euthanasie und Vernachlässigung an der Tagesordnung sind, und ständig neue Hunde hinzukommen, die teilweise wahllos in irgendwelche Zwinger gestopft werden

Freitag /Samstag, 26/27. Mai 2023

So ein Tierheim ist kein schöner Ort.
Trotzdem wurde ich wieder von vielen Hunden mit soviel Freude, Hoffnung, Überschwang, auch Skepsis und Zurückhaltung und dem Glauben, dass Menschen gut sind, empfangen. 
Sie wissen nicht, was ihnen hier geschehen kann!

Ich bin nach einigen Stunden im Tierheim überwältigt von dem ungeheuren Lärm, der Hitze und dem Gestank. Aber auch von der Freude, die mir als Mensch entgegen springt, oder von der Angst, die mein Erscheinen auslöst …
Da ist dieses aggressive Gekläff einiger Hunde, wenn man an ihren Zwingern vorbeigeht. In ihren viel zu kleinen Zwingern stehen sie an den Gittern und bellen bis sie heiser werden, steigern sich rein und ihre Nachbarn machen mit. Sie verteidigen ihr eigenes Elend, bis sie sterben, wenn sie nicht vorher durch Tierschützer aus dem Ausland gerettet werden. Doch ihre Chancen stehen eher schlecht. Wer will schon einen wütenden Kläffer adoptieren?

Dann sind da diese Hunde, die freudig aufgeregt ans Gitter springen: ein Mensch – oh wie toll, komm doch rein, hast du was Leckeres, streichele mich, nein mich … ich bin auch toll. … Sie würden ihrem Henker auf den Arm springen, nur weil er ein Mensch ist. 
Hier geht man gerne in die Zwinger, auch wenn man danach von nassen Pfoten und feuchten Schnauzen ganz eingesaut ist. Ihre Chancen sind gut, das Adapost de câini lebend zu verlassen und ausserhalb eine Familie zu finden.

Oder da sind die ruhigen, die sanften und abgeklärten, die einfach auf den Dächern der Hundehütten liegen und abwarten. Sie sind eher still, drängen sich nicht auf. Manche scheinen mit dem Leben abgeschlossen zu haben, je älter sie sind, desto öfter. Die mag ich am liebsten, sie sprechen mich auf einer besonderen Ebene an, mit ihnen kann ich mich am besten verständigen. Auch ihnen möchte ich eine Chance geben. 
Und wieder andere Hunde fürchten sich, wenn sie einen Menschen auch nur erahnen, verkriechen sich in die hintersten Ecken. Sie tun mir ganz besonders leid, sie wollen fliehen, können es aber nicht, sind ausgeliefert, bis auch sie sterben. Sie zu vermitteln wird schwer, es ist eine langwierige Aufgabe, nicht immer gelingt es. 

Zu unseren schon vorher reservierten Hunden, haben wir noch weitere hinzugefügt. Bis auf Joy, Nella, Romy, Vicky und Panya sind sie sehr zugänglich. Unsere Hunde aus der Hundeauffanglager Piatra N.

Nach einem Besuch im Hunde-Irrenhaus ist es eine Wohltat und Erholung bei Mirelas Pflegehunden zu sein. Unserem kleine Welpen, das den Namen Norocki – abgeleitet vom rumänischen Wort „noroc“ = Glück – bekommen hat, geht es scheinbar besser, nur manchmal verweigert sie ihr Futter, obwohl Mirela Hühnchen mit Reis und Gemüse gekocht. Auch hat sie ständig etwas zu hohe Temperatur. Der Test auf Parvo ist leider positiv, nur fehlt der dafür so typische Durchfall. Nichts essen oder trinken passt schon ganz gut zum Krankheitsbild. Arme kleine Norocki, sie ist so lieb und zutraulich, alleine im Badezimmer in ihrem Wäschekorb. Sie bekommt ein spezielles Medikament gegen Parvo, dazu Vitamine, wir hoffen dass es ihr helfen wird.

Sonntag, 28. Mai 2023

Heute haben wir eine kleine Rundreise durch den Bezirk Neamț unternommen:
Zuerst waren wir in Brușturi, Besuch bei Ruby. Ruby und ihre 6 Welpen waren im Winter von einer Familie privat aufgenommen worden und wurden dort gut versorgt. Wir haben Futter und die Tierarztkosten finanziert. Die Welpen durften schon ausreisen und sind alle in Schleswig-Holstein vermittelt worden. Ruby wird demnächst zu mir auf Pflegestelle kommen

Anschließend haben wir Anda Angheluța in Targu Neamț besucht. Sie betreibt mit ihrem Verein asociatia Negrilica ein kleines privates Tierheim und nimmt immer mal Hunde von der Straße oder aus dem Shelter von Piatra Neamț bei sich auf. Nuri und Thea Lucie – beide schon in Deutschland –  sind von dort, ebenso wie Berry, für die wir noch ein Zuhause finden wollen. Auch Anda unterstützen wir mit Futter und Tierarztkosten.

Zuletzt waren wir bei Roxana in Pipirig, in der Nähe von Targu Neamț
Pipirig, sie hatten vor mehreren Monaten Marla und ihren Welpen Martha bei sich aufgenommen.

Ruby in Brușturi

Bei Anda Angheluța in Targu Neamț

Bei Roxana in Pipirig

Montag – Mittwoch, 29. -31. Mai 2023

Die letzten beiden Tage sind bis zum Anschlag gefüllt mit weiteren Besuchen im „Tierheim“,  mit der Organisation von Pflegestellen in Rumänien, damit die von uns reservierten Hunde nicht getötet werden. Es ist ein ungeheuer kompliziertes bürokratisches Prozedere, die Hunde aus der Tötung zu befreien, um sie in privaten Pensionen unterzubringen. Das alles kostet unglaublich viel Zeit, Nerven und Geld. Eigentlich – um mal ehrlich zu sein – ist dieses sog. Tierheim überhaupt nicht daran interessiert, dass wir Hunde „retten“. Wir nehmen ihnen ihre Geldquelle weg. Jeder tote Hund bringt Geld, wenn man den Kadaver verkauft, ein adoptierter Hund ist ein Verlust! 
Das ganze „Hundebusiness“ : Einfangen -aufbewahren – töten ist ein Geldgeschäft. Traurig aber wahr.

Die Straßenhunde sind in Rumänien einerseits eine „Plage“ – so sehen es viele Stadtbewohner – anderseits eine gute milliardenschwere Einnahmequelle für die „Tierheime“, die Gemeinden, die zahlreich aus dem Boden schießenden mehr oder weniger guten Hundepensionen, die Transportunternehmen, die Tierärzte und Futterlieferanten, sowie die Pharmaindustrie. … 

Manchmal möchte man sich einfach umdrehen und weggehen, angesichts dieses Wahnsinns. 

Wären da nicht diese wunderbaren Hunde, die überhaupt nichts von alledem wissen. Sie sind unschuldig. Wir können nur weiter daran arbeiten, dass sie aufhören sich zu vermehren. Und den teils unwissenden, teil uninteressierten Menschen, die an dem großen Geschäft sowieso nichts verdienen, deutlich zu machen, wie wichtig Kastrationen sind. Diese Kastra-Aktion hat jedoch gezeigt, dass immer mehr Menschen verstehen, dass das Töten oder Aussetzen ungewollter Welpen keine Lösung sein kann. 

Wir haben getan was wir konnten: 86 Hunde kastrieren lassen, 20 Hunde aus der Tötung gerettet, tierlieben Menschen geholfen, denen Straßenhunde zugelaufen sind, dazu 3 Hunde von Mirela übernommen …
Denn es gibt auch in Rumänien die Menschen, denen die Hunde einfach nur leid tun, die ihnen helfen möchten, die gegen die grausamen Hundefänger ankämpfen. Vor allen denen wollen wir in Zukunft verstärkt helfen.

DANKE an Menschen in Rumänien wie Mirela, Irina, Roxana, Anda, Davide und vielen anderen. Sie alle arbeiten ehrenamtlich, ebenso wie wir, verdienen nichts daran und wollen den Hunden und Katzen irgendwie helfen. Sie alle sind manchmal am Rand der Verzweiflung und fragen sich, ob es überhaupt möglich ist, das Straßenhunde-Problem zu lösen? Gegen den Willen derjenigen, die an und mit den Hunden viel Geld verdienen?

Donnerstag, 1. Juni 2023

Rückreise und gedanklicher Rückblick auf die vergangenen Tage, die mich mal wieder emotional unglaublich gefordert haben: zu wissen, was für wundervolle Hunde im Tierheim sitzen, die so gerne bei Menschen leben möchten, die man gar nicht alle retten kann, egal wie sehr wir uns bemühen. Dieses Mal wir zu dritt als Voluntärinnen im Shelter, aber bald wird lange Zeit niemand mehr da sein. …
Es werden weiterhin wunderschöne freundliche Hunde eingefangen … 
Alle paar Tage veröffentlicht Salubritas auf Facebook ein Album mit den neu eingefangenen Hunden, ein Faß ohne Boden?

Dieses Bild zeigt ein immer noch typisches Bild in den Straßen im Bezirk Neamt: Zwei rumänische Straßenhunde auf dem Parkplatz einer westeuropäischen Supermarktkette. Sie bekommen Abends Überreste nicht verkaufter Lebensmittel, diese Parkplätze sind sehr beliebt. Woher die Hunde kommen, weiss niemand so genau, zum Teil bleiben sie länger an einem Platz, wenn es möglich ist, werden sie von NGO’s kastriert und anschließend wieder dorthin gebracht. Doch sie müssen auf der Hut sein!
Sind sie allzu zutraulich, werden sie von den Hundefängern eingesammelt, ins städtische Tierheim gebracht und nach wenigen Wochen – wenn sich niemand findet, der sie haben will – gnadenlos getötet. Auch Welpen und freundliche Junghunde, da werden keine Unterschiede gemacht. 

Inzwischen gibt es mehrere rumänische Tierschutzvereine, die sich bemühen, für die Hunde gute Lösungen im eigenen Land zu finden. Für kleine Hunde gibt es eher Familien, doch leider gibt es nur wenige Adoptionen großer Hunde, und wenn dann landen sie Wachhunde viel zu oft an einer Kette. Ein Grund dafür ist, dass in den Städten die meisten Menschen in den Wohnblocks leben, dort ist Hundehaltung meist nicht erlaubt.

Diese beiden wirken gut genährt und zufrieden, doch dieses Leben ist oft kurz und wenn sie krank oder verletzt werden, sind ihre Chancen extrem schlecht.

Mirela, bei der ich die ganze Zeit über wohnen durfte (Herzlichen Dank dafür) kann berichten, dass sich in den letzten 10 Jahren die Situation erheblich verbessert hat! An vielen Stellen, wo sie früher täglich verwahrloste oder verletzte Hunde gefunden hat, sind nun keine mehr, denn die regelmäßigen Kastrationsaktionen zeigen allmählich Wirkung. Doch auch heute noch werden massenhaft Welpen ausgesetzt, die elendig in irgendwelchen Ecken vegetieren oder sterben. Der Welpenkiller Nummer 1 ist nach wie vor das Parvovirus und zunehmend diverse von Zecken übertragene Krankheiten, wie Babesiose, Borelliose.

Das alles ist nur auszuhalten, wenn man Unterstützung und Hilfe bekommt, allen voran danke ich ganz herzlich Tania Crymble und meinem Mann Bernhard, denen ich täglich alles berichten konnte, um mich nicht so alleine zu fühlen.

Tania hat alles gegeben, Kontakte zu Familien und Pflegestellen zu knüpfen, auszubauen und mir – wenn alles drohte chaotisch zu werden – Listen der Hunde geführt, mit  Tierärzten und Transportunternehmen telefoniert …

Danke auch an alle unsere zum Teil schon seit Jahren treuen Unterstützer*innen, die Namen für die Hunde ausgesucht, die für Kastras, Tierarzt- und Reisekosten der Hunde gespendet haben. Und für die emotionale Unterstützung auf Facebook.

es hat mir gut getan, dort alles aufzuschreiben, Bilder zu posten und zu sehen, dass unsere Arbeit viele Menschen interessiert. DANKE

NACHTRAG, Sonntag 30. Juli

Zwei Monate habe ich gebraucht, diesen kleinen Reisebericht fertigzustellen. Die Nachbereitung dessen, was wir dort begonnen haben, war sehr zeitaufwändig.
Es war eine sehr emotionale Reise. Inzwischen sind alle unsere Hunde in Sicherheit, sie haben das Hunde-Irrenhaus verlassen und durften in privaten Tierheime unterkommen. Dort finden sie zuerst einmal Ruhe und werden auch entsprechend ihrem Verhalten gefördert. Wir bekommen regelmäßige Videos. Besonders schön ist es, dass unsere „Angsties“ langsam aus der Deckung kommen und bereit sind, Leckerchen aus der Hand von Menschen anzunehmen.

Das alles verschlingt aber riesige Summen: pro Hund sind das 50 € jeden Monat an Pflegekosten für die Tierheim und Pensionen. Vorab die Tierarztkosten für Imfungen und Untersuchungen und eventuell notwendige Behandlungen.

Bislang  konnten schon einige ehemalige Tierheiminsassen wie Simba, Alea, Jack, Ella und Imbra, ausserdem Ruby, Marla und Martha, sowie Hazelnut und Norocki Rumänien verlassen. Martha, Hazelnut, Alea, Simba, Jack und Ella haben schon ihre Familien gefunden, Imbra, Marla, Ruby, und Norocki leben auf Pflegestellen und suchen noch die richtigen Menschen.

Während ich das hier schreibe, liegen die kleine Norocki und die Hündin Ruby neben mir, und beobachten mich aufmerksam: Warum macht sie das, anstatt sich um uns zu kümmern und uns Futter zu geben? 
Nun, genau das werde ich jetzt tun.

 

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